Der deutsche Werkzeug- und Formenbau einschließlich der Hersteller von Präzisionswerkzeugen ist mit einem Gesamtproduktionsvolumen von jährlich mehr als 13,1 Mrd. Euro und rund 120.000 Mitarbeitern ein bedeutender Wirtschaftszweig für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Der meist mittelständische Werkzeug- und Formenbau gehört außerdem zu den wichtigsten Innovationstreibern der industriellen Fertigung: Er bestimmt in hohem Maß die Produktivität und Qualität in der Serienproduktion und stärkt so die Wettbewerbsfähigkeit produzierender Unternehmen am Hochlohnstandort Deutschland.
Ein wesentlicher Kostentreiber geht dabei von den Formwerkzeugen aus. Ihre Leistungsfähigkeit und Standzeit beeinflussen unmittelbar die Stückkosten des fertigen Produkts. Verschleißfestere Formwerkzeuge, die auch bei hohen Fertigungsgeschwindigkeiten noch lange Standzeiten bieten, können hier zu Einsparungen beitragen. Aus diesem Grund sollen traditionelle Formwerkzeuge aus Stahl zukünftig durch Hartmetall, Keramik oder Hartstoffspritzschichten ersetzt werden.
Jährlich werden mehrere zehntausend, geometrisch komplexe dreidimensionale Formwerkzeuge in der Losgröße 1 gefertigt, beispielsweise der VW Golf, der etwa 50 Werkzeugsätze für Blechbauteile benötigt. Die größten Herausforderungen entstehen durch die in Zukunft verwendeten Werkstoffe Hartmetall und Keramik bei Herstellung dieser Formwerkzeuge. Hier stoßen bestehende Fertigungstechnologien wie die Funkenerosion, das elektrochemische Abtragen oder Schleifen verfahrensbedingt an ihre Leistungsgrenzen. Ein Einsatz der deutlich produktiveren und flexibleren Frästechnologie hingegen scheitert derzeit noch an den Fräswerkzeugen, die den enormen Belastungen nicht standhalten. Während des Fräsprozesses treten Abplatzungen der Beschichtung und Schneidenbrüche auf, die das Werkzeug unbrauchbar machen. Zudem verfügen die Anwender bisher nur über unzureichendes Wissen in der Prozesstechnologie, etwa im Hinblick auf die richtigen Bearbeitungsstrategien, Prozessparameter und Kühlschmierstrategien.
Motivation
Die Motivation für das Projekt »HaKeMill« ergibt sich aus dem stark wachsenden Markt für anspruchsvolle Formwerkzeuge und dem damit verbundenen Bedarf nach einem geeigneten Herstellungsprozess.
Das Projekt soll neue Lösungen im Bereich der Werkstoff- und Prozesstechnologie bereitstellen, die nicht nur als Insellösungen dienen, sondern ganzheitliche, eng miteinander verknüpfte Ansätze bieten: So hat sich beispielsweise eine neue hochharte Beschichtung mit geringer Anhaftungsfähigkeit zum Substrat für Fräswerkzeuge als untauglich erwiesen. Daher verbinden die beteiligten Institute in diesem Vorhaben ihre entsprechenden Entwicklungen und überprüfen diese im Rahmen einer Gesamt-Produktionstechnologie mit dem Ziel, eine leistungsfähige Fräsprozesstechnologie für Hartmetalle und Keramiken bereitzustellen, die den Werkzeug- und Formenbau befähigt, den Herausforderungen dieser Werkstoffe besser zu begegnen und das Potenzial der Werkstoffe in leistungsfähigeren Umformprozessen auszuschöpfen. Durch diesen Ansatz werden nicht nur Rohstoffe geschont, sondern es wird auch Energie eingespart und der Einsatz umweltschädlicher und belastender Materialien deutlich reduziert.